»Angmark ist ein gefährlicher Mann«, sinnierte Kershaul. »Er hat Ihnen gegenüber einige Vorteile.«

»Das kann ich nicht mit in Betracht ziehen. Es ist meine Pflicht, ihn nach Polypolis zurückzuschicken. Aber wahrscheinlich ist er vor mir in Sicherheit, da ich ja nicht die entfernteste Ahnung habe, wie ich ihn finden soll.«

Kershaul überlegte. »Ein Außenweltler kann sich nicht hinter einer Maske verbergen, nicht vor den Sirenesen zumindest. Es gibt vier von uns hier in Fan – Rolver, Welibus, Sie und mich. Wenn ein weiterer Außenweltler versucht, hier einen Haushalt zu gründen, dann wird sich das in aller Kürze herumsprechen.«

»Und wenn er nach Zundar geht?«

Kershaul zuckte die Achseln. »Ich bezweifle, daß er das wagen würde. Andererseits…« Kershaul verstummte und folgte Thissells Blick, als er bemerkte, daß dieser ihm plötzlich nicht mehr zuhörte.

Ein Mann in der Maske eines Waldkobolds kam über die Esplanade auf sie zugetaumelt. Kershaul legte Thissell die Hand auf den Arm, aber der stellte sich dem Waldkobold in den Weg, die geliehene Pistole schußbereit. »Haxo Angmark«, rief er, »keine Bewegung, sonst töte ich Sie. Sie sind verhaftet.«

»Sind Sie sicher, daß es Angmark ist?« fragte Kershaul mit besorgter Stimme.

»Das werde ich herausfinden«, sagte Thissell. »Angmark, drehen Sie sich um, heben Sie die Hände.«

Der Waldkobold stand vor Überraschung und Verwunderung wie erstarrt. Er griff nach seinem Zachinko, spielte ein fragendes Arpeggio und sang: »Warum belästigt Ihr mich, Mondmotte?«

Kershaul trat vor und spielte eine besänftigende Phrase auf seinem Slobo. »Ich fürchte, wir haben es hier mit einer Identitätsverwirrung zu tun, Ser Waldkobold. Ser Mondmotte sucht einen Außenweltler in einer Waldkoboldmaske.«

Die Musik des Waldkobolds wurde gereizt, und er wechselte plötzlich auf seinen Stimic über. »Er behauptet, ich sei ein Außenweltler? Er soll es beweisen, sonst räche ich mich.«

Kershaul sah sich verlegen unter der Menge um, die sich rasch angesammelt hatte, und schlug erneut eine besänftigende Melodie an. »Ich bin sicher, daß Ser Mondmotte…«

Der Waldkobold unterbrach ihn mit einer Fanfare von Skaranyi-Tönen. »Er soll Beweise bringen, oder sich darauf vorbereiten, daß Blut fließt.«

Thissell sagte: »Also gut, Beweise.« Er trat vor und packte die Maske des Waldkobolds. »Zeigen Sie Ihr Gesicht, das beweist Ihre Identität.«

Der Waldkobold sprang verblüfft zurück. Die Menge stöhnte, und dann begann ein ominöses Summen und Klingen verschiedener Instrumente.

Der Waldkobold griff sich an den Nacken, zog die Schnur seines Duellgongs und griff mit der anderen Hand nach seinem Degen.

Kershaul trat vor und spielte erregt seinen Slobo. Thissell, der es jetzt mit der Angst zu tun bekam, trat zur Seite, er spürte die drohenden Klänge aus der Menge.

Kershaul sang Erklärungen und Entschuldigungen, der Waldkobold antwortete, und dann sagte Kershaul über die Schulter gewandt zu Thissell. »Laufen Sie weg, sonst tötet man Sie! Schnell!«

Thissell zögerte; der Waldkobold hob die Hand, um Kershaul wegzustoßen. »Schnell!« schrie Kershaul. »Zu Welibus’ Büro, schließen Sie sich ein!«

Thissell fing zu rennen an. Der Waldkobold verfolgte ihn ein paar Schritte, dann stampfte er mit den Füßen, jagte ihm ein paar schrille, spöttische Handfanfarenstöße nach, während die Menge kontrapunktische Hymerkin-Klänge von sich gab.

Zu einer weiteren Verfolgung kam es nicht. Statt in dem Import-Export-Büro Zuflucht zu suchen, wandte Thissell sich zur Seite und eilte zur Pier hinunter, wo sein Hausboot vertäut war.

Als er endlich an Bord war, dämmerte bereits der Abend. Toby und Rex kauerten auf dem Vorderdeck, umgeben von den Vorräten, die sie mitgebracht hatten: Weidenkörbe mitObst und Getreide, Blauglaskrüge mit Wein, Öl und würzigem Saft, drei junge Schweine in einem Weidenpferch. Die beiden Sklaven knackten Nüsse mit den Zähnen und spuckten die Schalen über Bord. Als Thissell an Bord ging, blickten sie zu ihm auf, und es schien, als stünden sie ziemlich gleichgültig auf. Toby murmelte halblaut etwas; Rex unterdrückte ein Lachen.

Thissell betätigte ärgerlich sein Hymerkin. Er sang: »Wir legen ab, bleiben aber in Fan.«

In seiner Kabine nahm er die Mondmotte ab und starrte in den Spiegel, wo er seine fast schon nicht mehr vertrauten Züge vorfand. Er nahm die Maske und studierte die ihm widerwärtige Visage: die pelzbedeckte, graue Haut, die blauen Borsten und die lächerlichen, spitzen Lappen. Nicht gerade ein würdiges Gesicht für den konsularischen Vertreter der Heimatplaneten. Falls er diese Position noch innehatte, sobald Cromartin erfuhr, daß Angmark entkommen war! Thissell warf sich in einen Sessel und starrte ins Leere. Er hatte heute einige Rückschläge einstecken müssen, aber er war noch nicht besiegt, bei weitem nicht! Morgen würde er Mathew Kershaul aufsuchen, und dann würden sie darüber sprechen, wie Angmark am besten ausfindig zu machen war. Wie Kershaul schon erwähnt hatte, es war nicht möglich, daß ein Außenweltler sich hier lange versteckte. Haxo Angmarks Identität würde sich bald herumsprechen. Außerdem mußte er sich morgen eine andere Maske besorgen. Nichts Extremes oder Großspuriges, aber eine Maske, die wenigstens ein Mindestmaß an Würde und Respekt ausstrahlte.

In diesem Augenblick klopfte einer der Sklaven an die Tür, und Thissell zog sich hastig die verhaßte Mondmaske wieder über den Kopf.

Früh am nächsten Morgen, ehe die Morgendämmerung der Sonne Platz gemacht hatte, skullten die Sklaven das Hausboot zu dem Abschnitt der Pier zurück, den man den Außenweltlern zugewiesen hatte. Weder Rolver noch Welibus noch Kershaul waren bis jetzt eingetroffen, und Thissell wartete ungeduldig. Eine Stunde verstrich, dann legte Welibus mit seinem Boot an. Da er nicht mit Welibus sprechen wollte, blieb Thissell in seiner Kabine.

Ein paar Augenblicke später ging auch Rolvers Boot längsseits. Durchs Fenster sah Thissell Rolver, der wie üblich seinen Tarnvogel trug, auf die Pier hinübersteigen. Ein Mann in einer Sandtigermaske mit gelben Tupfen erwartete ihn dort und spielte auf seinem Gomapard eine formelle Begleitung zu der Nachricht, die er Rolver überbrachte. Rolver schien überrascht und etwas verunsichert.

Nachdem er ein paar Augenblicke lang nachgedacht hatte, betätigte er seinen eigenen Gomapard und wies während des Singens auf Thissells Hausboot. Dann verbeugte er sich und ging seiner Wege.

Der Mann in der Sandtigermaske kletterte mit würdigem Gehabe auf den Ponton und klopfte an Thissells Boot.

Thissell zeigte sich. Die sirenesische Etikette verlangte nicht, einen beiläufigen Besucher an Bord zu bitten, und so schlug er nur eine fragende Note auf seinem Zachinko an.

Der Sandtiger spielte sein Gomapard und sang: »Die Morgendämmerung über der Bucht von Fan ist gewöhnlich ein heller Anblick; der Himmel ist hell mit gelben und grünen Farben; und wenn Mireille aufgeht, brennen die Nebel und wallen wie Flammen. Dem Sänger bereitet diese Stunde größeres Vergnügen, wenn nicht die treibende Leiche eines Außenweltlers die ruhige Beschaulichkeit der Szene stört.«

Thissells Zachinko erzeugte einen schrillen Klagelaut, ohne daß er sich überhaupt bewußt wurde, ihn angeschlagen zu haben; der Sandtiger verbeugte sich würdevoll. »Der Sänger erkennt niemanden als ihn in Standfestigkeit überlegen an, aber er wünscht auch nicht, von einem unbefriedigten Gespenst belästigt zu werden. Deshalb hat er seinen Sklaven befohlen, ein Tau am Fußknöchel der Leiche zu befestigen, und während wir uns unterhielten, haben sie die Leiche am Heck Eures Hausbootes befestigt. Ihr werdet den Wunsch haben, die Zeremonien vorzunehmen, die die Außenwelt vorschreibt. Er, welcher singt, wünscht Euch einen guten Morgen und verläßt Euch jetzt.«

Thissell eilte ans Heck seines Bootes. Dort trieb, fast nackt und maskenlos, die Leiche eines erwachsenen Mannes, den die Luft in seinen weiten Hosen an der Wasseroberfläche hielt.

Thissell studierte das tote Gesicht, das ihm charakterlos und leer vorkam – vielleicht lag das daran, daß er sich inzwischen an das Maskentragen gewöhnt hatte. Die Leiche schien mittelgroß, und Thissell schätzte, daß der Tote zwischen fünfundvierzig und fünfzig Jahre alt sein mochte. Sein Haar war mittelbraun und die Gesichtszüge vom Wasser aufgedunsen. Nichts deutete darauf hin, wie der Mann gestorben war.

Das mußte Haxo Angmark sein, dachte Thissell. Wer sonst konnte es sein? Mathew Kershaul? Warum nicht? fragte Thissell sich beunruhigt. Rolver und Welibus hatten sich bereits ausgeschifft und waren ihren Geschäften nachgegangen. Er suchte die Bucht ab, um Kershauls Hausboot zu entdecken, und stellte fest, daß er gerade im Begriff war, an der Pier festzumachen. Soeben sprang Kershaul, mit seiner Höhleneulenmaske bekleidet, an Land. Er schien abwesend, denn als er an Thissells Hausboot vorüberkam, blickte er nicht einmal auf.

Thissell wandte sich wieder der Leiche zu. Angmark also, ohne Zweifel. Waren nicht drei Männer den Hausbooten von Rolver, Welibus und Kershaul entstiegen und hatten Masken getragen, die für diese Männer charakteristisch waren? Offensichtlich die Leiche Angmarks… aber die offensichtliche Lösung wollte Thissell nicht eingehen. Kershaul hatte angedeutet, daß ein weiterer Außenweltler hier sehr schnell identifiziert werden würde. Wie konnte Angmark also hier untertauchen, wenn er nicht… Thissell tat den Gedanken ab. Die Leiche war offensichtlich Angmark.

Und doch…

Thissell rief seine Sklaven und gab Anweisung, einen geeigneten Behälter ans Dock zu bringen, damit man die Leiche in ihn legen und an einen geeigneten Ruheplatz bringen könne. Die Sklaven legten keine große Begeisterung für den Auftrag an den Tag, und Thissell sah sich gezwungen, heftig, wenn auch nicht sonderlich geschickt, auf dem Hymerkin zu poltern, um seinen Befehlen Nachdruck zu verleihen.

Er ging die Pier entlang, bog in die Esplanade ein, vorbei an dem Büro von Cornely Welibus und betrat schließlich den hübschen, kleinen Weg, der zum Landeplatz führte.

Als er dort eintraf, stellte er fest, daß Rolver bis jetzt noch nicht aufgetaucht war. Ein Obersklave, dem eine gelbe Rosette an der schwarzen Tuchmaske Rang verlieh, fragte, ob er zu Diensten sein könne. Thissell erklärte, daß er eine Nachricht nach Polypolis absetzen wollte.

Das bereite keine Schwierigkeiten, erklärte der Sklave. Wenn Thissell seine Mitteilung in deutlichen Blockbuchstaben aufsetzen wolle, könne er sie sofort durchgeben. Thissell schrieb:

AUSSENWELTLER TOT AUFGEFUNDEN, MÖGLICHERWEISE ANGMARK. ALTER 48, MITTELGROSS, BRAUNES HAAR. ANDERE IDENTIFIZIERUNGSMÖGLICHKEITEN FEHLEN. ERWARTE BESTÄTIGUNG UND/ODER INSTRUKTIONEN.

Er adressierte die Nachricht an Castel Cromartin in Polypolis und übergab sie dem Obersklaven. Im nächsten Augenblick hörte er das charakteristische Knistern einer transspatialen Entladung.

Eine Stunde verstrich. Rolver erschien nicht. Thissell ging unruhig vor dem Büro auf und ab. Er hatte keine Ahnung, wie lange er würde warten müssen: Die Zeit, die für transspatiale Sendungen benötigt wurde, war sehr unterschiedlich. Manchmal schnappte die Nachricht in Mikrosekunden durch, manchmal wanderte sie stundenlang durch unbekannte Regionen; und dann gab es ein paar authentische Beispiele von Nachrichten, die empfangen worden waren, ehe man sie abgesandt hatte.

Eine weitere halbe Stunde verstrich, und dann erschien Rolver mit seiner üblichen Tarnvogelmaske. Im gleichen Augenblick hörte Thissell das Zischen der eintreffenden Nachricht.

Rolver schien überrascht, Thissell zu sehen. »Was führt Sie zu so früher Stunde zu mir?«

Thissell erklärte: »Es betrifft die Leiche, die Sie mir heute morgen geschickt haben. Ich habe sie meinen Vorgesetzten gemeldet.«

Rolver hob den Kopf und lauschte auf das Geräusch der eintreffenden Nachricht. »Sie scheinen Antwort zu bekommen. Ich sollte mich wohl darum kümmern.«

»Warum die Mühe?« fragte Thissell. »Ihr Sklave scheint seine Sache gut zu machen.«

»Es ist meine Aufgabe«, erklärte Rolver. »Ich bin für die exakte Übertragung und den Empfang aller Astrogramme verantwortlich.«

»Ich komme mit«, sagte Thissell. »Ich wollte immer schon mal sehen, wie diese Geräte bedient werden.«

»Ich fürchte, das ist nicht zulässig«, sagte Rolver. Er ging zu der Tür, die ins Innere der Anlage führte. »Sie bekommen Ihre Mitteilung sofort.«

Thissell protestierte, aber Rolver ging nicht darauf ein, sondern ließ ihn einfach stehen.

Fünf Minuten später kam er mit einem kleinen, gelben Umschlag zurück. »Keine guten Nachrichten«, verkündete er mit ganz und gar nicht überzeugend wirkendem Mitgefühl.

Thissell öffnete den Umschlag. Das Astrogramm lautete:

LEICHE NICHT ANGMARK. ANGMARK HAT SCHWARZES HAAR. WARUM HABEN SIE IHN NICHT BEI LANDUNG ABGEFANGEN. ERNSTHAFTE PFLICHTVERLETZUNG, HÖCHST UNZUFRIEDEN. RÜCKKEHREN SIE POLYPOLIS NÄCHSTE GELEGENHEIT.

CASTEL CROMARTIN

Thissell steckte das Blatt ein. »Übrigens, darf ich Sie fragen, welche Haarfarbe Sie haben?«

Rolver spielte einen überraschten kleinen Triller auf seinem Kiv. »Ich bin blond. Warum fragen Sie?«

»Reine Neugierde.«

Rolver spielte eine weitere Tonfolge auf dem Kiv. »Jetzt verstehe ich. Was für eine argwöhnische Natur Sie doch sind, lieber Freund! Sehen Sie!« Er drehte sich um und öffnete seine Maske im Nacken. Thissell sah, daß Rolver tatsächlich blond war.

»Sind Sie jetzt beruhigt?« fragte Rolver heiter.

»O ja«, sagte Thissell. »Haben Sie übrigens eine andere Maske, die Sie mir leihen könnten. Ich mag diese Mondmotte nicht mehr.«

»Leider nein«, sagte Rolver. »Aber Sie brauchen nur in den Laden eines Maskenmachers zu gehen und sich eine auszuwählen.«

»Ja natürlich«, sagte Thissell. Er verabschiedete sich von Rolver und ging nach Fan zurück. Als er an Welibus’ Büro vorbeikam, zögerte er und trat dann ein. Heute trug Welibus eine verwirrende Konstruktion aus grünen Glasprismen und Silberperlen, eine Maske, wie Thissell sie noch nie zuvor gesehen hatte.

Welibus begrüßte ihn vorsichtig zu den Klängen eines Kiv. »Guten Morgen, Ser Mondmotte.«

»Ich will Sie nicht aufhalten«, sagte Thissell, »aber ich möchte Ihnen eine sehr persönliche Frage stellen. Welche Haarfarbe haben Sie?«

Welibus zögerte nur ganz kurz, dann drehte er sich um und hob die Maske im Nacken. Thissell sah dicke, schwarze Locken. »Beantwortet das Ihre Frage?« erkundigte sich Welibus.

»Ganz und gar«, sagte Thissell. Er überquerte die Esplanade und ging auf die Pier hinaus zu Kershauls Hausboot. Kershaul begrüßte ihn ohne große Begeisterung und lud ihn mit einer resignierenden Handbewegung ein, an Bord zu kommen.

»Ich möchte Sie gerne etwas fragen«, sagte Thissell: »Welche Haarfarbe haben Sie?«

Kershaul lachte verlegen. »Das wenige Haar, das mir noch geblieben ist, ist schwarz. Warum fragen Sie?«

»Neugierde.«

»Kommen Sie«, sagte Kershaul ungewohnt direkt. »Da steckt doch mehr dahinter.«

Thissell, der das Bedürfnis hatte, sich auszusprechen, gab das zu. »Die Situation ist die – man hat heute morgen einen toten Außenweltler gefunden. Er hatte braunes Haar. Ich bin nicht ganz sicher, aber die Wahrscheinlichkeit – lassen Sie mich überlegen –, ja, die Wahrscheinlichkeit ist zwei zu drei, daß Angmark schwarzes Haar hat.«

Kershaul zog am Bart seiner Höhleneulenmaske. »Wie kommen Sie auf diese Zahl?«

»Die Information ist mir durch Rolver übergeben worden. Er hat blondes Haar. Wenn Angmark Rolvers Identität übernommen hat, ist es logisch, daß er die Information geändert hat, die mir heute morgen übermittelt wurde. Sie und Welibus haben schwarzes Haar und geben das auch zu.«

»Hm«, sagte Kershaul. »Mal sehen, ob ich Ihrer Überlegung folgen kann. Sie sind der Meinung, daß Haxo Angmark entweder Rolver, Welibus oder mich getötet und die Identität des Toten übernommen hat. Richtig?«

Thissell sah ihn überrascht an. »Sie haben doch selbst erklärt, daß Angmark sich hier nicht würde etablieren können, ohne sich zu verraten. Erinnern Sie sich nicht?«

»Oh, natürlich. Aber um fortzufahren – Rolver hat Ihnen eine Nachricht übergeben, in der steht, daß Angmark dunkel sei, und hat Ihnen gleichzeitig erklärt, daß er selbst blond wäre.«

»Ja. Können Sie das bestätigen? Ich meine für den alten Rolver?«

»Nein«, sagte Kershaul traurig. »Ich habe weder Rolver noch Welibus je ohne Maske gesehen.«

»Wenn Rolver nicht Angmark ist«, sinnierte Thissell, »wenn Angmark tatsächlich schwarzes Haar hat, dann stehen sowohl Sie als auch Welibus unter Verdacht.«

»Sehr interessant«, sagte Kershaul. Er musterte Thissell argwöhnisch. »Was das betrifft, könnten Sie selbst Angmark sein. Welche Haarfarbe haben Sie?«

»Braun«, sagte Thissell kurz angebunden. Er hob den grauen Pelz seiner Mondmottenmaske am Hinterkopf an.

»Aber Sie könnten mich bezüglich des Textes der Mitteilung täuschen«, meinte Kershaul.

»Das tue ich aber nicht«, sagte Thissell müde. »Sie können das ja bei Rolver überprüfen, wenn Sie wollen.«

Kershaul schüttelte den Kopf. »Unnötig. Ich glaube Ihnen. Aber noch etwas: wie ist es mit den Stimmen? Sie haben uns alle vor und nach Angmarks Ankunft gehört. Liefert das keinen Hinweis?«

»Nein. Ich bin jetzt so auf Änderungen eingestimmt, daß sie alle unterschiedlich klingen. Und darüber hinaus verändern die Masken die Stimmen.«

Kershaul zupfte an seinem Kinnbart. »Ich sehe im Augenblick keine Lösung für das Problem.« Er lachte glucksend. »Aber im übrigen, bedarf es denn einer Lösung? Vor Angmarks Ankunft waren da Rolver, Welibus, Kershaul und Thissell. Jetzt sind hier – praktisch betrachtet – immer noch Rolver, Welibus, Kershaul und Thissell. Wer will denn behaupten, daß das neue Mitglied unserer Kolonie nicht eine Verbesserung gegenüber dem alten darstellt?«

»Ein interessanter Gedanke«, räumte Thissell ein, »aber zufälligerweise bin ich persönlich daran interessiert, Angmark zu identifizieren. Meine Karriere steht auf dem Spiel.«

»Ich verstehe«, murmelte Kershaul. »Damit wird die Situation zu einer persönlichen Angelegenheit zwischen Ihnen und Angmark.«

»Sie werden mir also nicht helfen?«

»Nicht aktiv. Ich habe mir den Individualismus der Sirenesen angeeignet. Ich denke, Sie werden feststellen, daß Rolver und Welibus ähnlich reagieren werden.« Er seufzte. »Wir sind alle schon zu lange hier.«

Thissell stand tief in Gedanken versunken da. Kershaul wartete geduldig eine Weile und sagte dann: »Haben Sie noch weitere Fragen?«

»Nein«, meinte Thissell. »Ich will Sie nur noch um eine Gefälligkeit bitten.«

»Gerne, wenn ich kann«, erwiderte Kershaul höflich.

»Geben oder leihen Sie mir auf ein oder zwei Wochen einen Ihrer Sklaven.«

Kershaul spielte einen amüsierten Ausruf auf seiner Ganga. »Ich trenne mich nicht gerne von meinen Sklaven; sie kennen mich und meine Wünsche…«

»Sobald ich Angmark gefaßt habe, bekommen Sie ihn zurück.«